Freitag, 1. Juli 2016

Wenn zwei sich streiten

Bei der Vergesellschaftung von erwachsenen Meerschweinchen-Weibchen kann es schon zu größeren Reibereien kommen. Manchmal sind diese Vergesellschaftungsversuche auch nicht von Erfolg gekrönt. Haben sich die Damen aber einmal zusammengerauft, sind zwar Unstimmigkeiten, Streit oder zickiges Gehabe immer noch möglich, es kommt aber normalerweise zu keinen gröberen Kampfhandlungen mehr.
Doch kein Erfahrungswert ist ohne Ausnahme.

Im Herbst 2013 habe ich die beiden weißen, rotäugigen Meerschweinchen-Damen Sugar und Honey bei mir aufgenommen. Die beiden haben sich zwar sehr gut miteinander verstanden, waren in der Notstation, in der sie einige Zeit verbrachten, aber nicht dazu zu bewegen, sich mit anderen Schweinchen zu vertragen. Daher lebten sie bei mir zu zweit - und die meiste Zeit waren sie wirklich ein Herz und eine Seele.

Das änderte sich im April 2015 recht plötzlich. Die beiden gerieten eines Morgens ohne ersichtlichen Grund in einen heftigen Streit. Honey trug dabei eine ganz kleine Bisswunde an der Schnauze davon und war ziemlich sauer auf Sugar, aber abgesehen davon war die Sache schnell überstanden.
Doch leider war es damit noch nicht ausgestanden.

Ein paar Wochen später - mittlerweile Sommer - kam es zu einer großen Auseinandersetzung. Beim ersten Streit waren sie glücklicherweise gerade im Zimmerfreilauf gewesen. Diesmal waren sie im Käfig, als der Streit losbrach. Die beiden gingen mit voller Wucht aufeinander los und Honey erlitt dabei eine starke Verletzung der Unterlippe. Sie war so gespalten, dass es wie eine Hasenscharte an der falschen Lippe aussah. Die Lippe musste genäht werden. Auch Sugar hatte eine Bisswunde zu verzeichnen, aber harmlos im Vergleich zu Honeys Verletzung.
Zum Glück war ich zu Hause, als es passierte, wenn auch leider nicht im selben Zimmer. So konnte ich zwar die Verletzung nicht verhindern, die beiden dann aber sofort trennen und zum Tierarzt verfrachten. In der Zeit unmittelbar nach Honeys OP durften sie ohnehin nicht zusammen, damit die Wunde an der Lippe gut verheilen und Sugar sich nicht an der Naht zu schaffen machen konnte. Honey wollte nach der OP zunächst nicht fressen und musste zwangsernährt werden. Zum Glück hat sie sich dann aber gut wieder erholt.
Nachdem die Nähte entfernt waren, versuchte ich einige Male die beiden wieder zusammenzusetzen, aber ohne großen Erfolg. Es lief immer nach dem gleichen Muster ab. Zunächst nahmen die beiden Kontakt zueinander auf. Dann begann immer eine - meistens Honey - mit den Zähnen zu klappern und sofort ging die große Aufregung wieder los. Normalerweise sollte man bei einer Vergesellschaftung nicht sofort beim kleinsten Anzeichen von Ärger eingreifen, aber die beiden verhielten sich leider nicht unbedingt wie ganz normale Meerschweinchen. :-(
Außerdem war Honeys Verletzung anfangs noch nicht ganz ausgeheilt. Daher habe ich die beiden immer relativ schnell wieder getrennt, wenn es begonnen hat, sich aufzuschaukeln, und schon wieder Haarbüschel geflogen sind.

Nachdem eine Wieder-Vergesellschaftung zu diesem Zeitpunkt ein Ding der Unmöglichkeit zu sein schien, brachte ich Sugar und Honey vorübergehend in zwei Käfigen ohne direkten Kontakt zueinander unter. Damit war ausgeschlossen, dass sich die Situation bei jeder Gelegenheit wieder aufschaukeln konnte. Auch der Freilaufbereich wurde getrennt, damit sie gleichzeitig laufen konnten. Im Freilaufbereich gab es aber eine kleine Gitterstelle, an der ein Kontakt möglich war.

Im Laufe der Wochen ging zum Glück das Aufregungsniveau beim Zusammentreffen am Gitter zurück. Die nächste Ausbaustufe war dann ein kurzer Kontakt am Schoß. Lange Zeit war Honey dabei sehr abwehrend. Doch auch das ließ langsam wieder nach und nachdem sie zum zweiten Mal von sich aus den Kontakt zu Sugar gesucht hat, wagte ich mich wieder an einen Vergesellschaftungsversuch. Der Vergesellschaftungsfreilauf wurde in meinem Vorzimmer aufgebaut, weil das ein schweinchenfreier und neutraler Ort ist - und diesmal war das Zusammentreffen von Anfang an sehr positiv. :-)
Es dauerte zwar noch eine  Weile, bis ich dem Frieden wieder so ganz trauen konnte. Aber die Anspannung ging schon deutlich zurück, als sie am zweiten Abend beide nebeneinander lagen. Sie balzten sich dann auch immer ganz süß gegenseitig an und verhielten sich zum Glück wieder friedlich.

Ein solches Verhalten habe ich jedenfalls sonst noch nie erlebt - und werde es hoffentlich auch nie wieder erleben. Im Anschluss an den großen Kampf waren die beiden etwa 1,5 Monate lang getrennt, bis Honey soweit war, dass sie Sugars Gesellschaft wieder ertrug. Dann war wieder alles beim alten und sie lebten sehr harmonisch zusammen. Leider aber nicht mehr sehr lange, da Honey nur ein paar Wochen nach der Wiedervereinigung mit Sugar krank wurde und nur noch ein paar Wochen zu leben hatte.