Ich hatte früher mehrere Jahre lang nicht nur eine
Meerschweinchen-Gruppe, sondern zwei, weil ich bei erwachsenen Notmeerschweinchen
immer wieder das „Glück“ hatte, dass sich zwei Damen nicht riechen konnten.
Oder ich verliebte mich in einen Bock, der natürlich mit einer eigenen Dame
einziehen musste, weil ich ohnehin schon einen Bock samt Weibchen zuhause hatte.
Als es mir im Jahr 2007 gelang, die verbliebenen Schweinchen
in eine Gruppe zu integrieren – und das war schwierig genug – war ich mir
ziemlich sicher, dass ich nie wieder – nie und nimmer – mehr als eine Gruppe
wollte.
Aber es kam, wie es irgendwann kommen musste, und aus dem
„niemals nie“ wurde ein „vielleicht“, ein „na ja, möglicherweise“, ein „okay,
auch schon egal – sind ja schließlich auch nur zwei mehr“. ;-)
Und was war der Anlass?
Der Anlass waren zwei Meerschweinchen-Weibchen, die mit mehreren anderen Meerschweinchen aufgrund einer
schweren Erkrankung der Halterin abgegeben worden waren. Alle anderen Schweinchen war
recht flott vermittelt, nur die beiden … ja, die wollte niemand. Da saßen sie
nun Monat für Monat in der Notstation und die Aussichten auf eine erfolgreiche Vermittlung wurden
immer geringer.
Aber warum? Waren es Tiere mit einer chronischen Erkrankung?
Tiere, die absolut unverträglich waren? Tiere, die nur einfach niemandem
gefielen?
Also krank waren sie nicht…
Unverträglich – da kommen wir dem Problem schon etwas näher,
denn die beiden hingen unheimlich aneinander. So sehr, dass sie jeden Versuch,
ein anderes Meerschweinchen zu ihnen zu setzen oder sie einzeln mit anderen
Tieren zu vergesellschaften, im Keim erstickt haben. Die beiden waren also nur
im Doppelpack zu haben.
Und sie hatten noch ein großes Handicap
– sie waren nämlich keine „schönen“ oder irgendwie ausgefallenen Rassetiere. Sie
stammten ursprünglich aus einer Labortierzucht, waren weiß und hatten rote Augen.
Nach längerem Nachdenken, Platzsuchen für einen weiteren
Käfig und nachdem ich die beiden während der Ausstellung im Oktober des damaligen Jahres das ganze
Wochenende über beobachten konnte – und die Reaktion der Besucher auf sie – war
es dann also soweit...
Bevor ich sie zu mir holte, hatte ich mir Gedanken darüber gemacht, wie es mir wohl gelingen würde, die beiden auseinander zu halten. Die Fellfärbung konnte mir dabei ja nicht helfen. ;-)
Aber wer Sugar und Honey einmal in der Hand hatte, konnte
sie nicht mehr verwechseln, denn Honey war ein unheimlich zartes Weibchen, das
zum Zeitpunkt der Übernahme gerade einmal 900 g auf die Waage brachte und auch nie zunehmen solllte, während Sugar wesentlich kräftiger
gebaut und auch deutlich schwerer war. Außerdem hatte Sugar eine Kerbe an einem
Ohr, eine längere Nase als Honey und einen kleinen Mini-Wirbel an der
Nasenspitze. Es war also mit ein bisschen Übung wirklich nicht schwierig, sie auf den ersten Blick auseinanderzukennen.
Sugar und Honey waren zum Zeitpunkt der Übernahme etwa 3,5
Jahre alt – und ich muss zugeben, dass ich etwas „gesetztere“ Tiere erwartet
hatte.
Die beiden anderen Meerschweinchen, die ich etwa in diesem
Alter übernommen hatte, machten von ihrem Verhalten her einen wesentlich
älteren Eindruck. Sugar und Honey waren vergnügt, unternehmungslustig und immer
für Unsinn bereit – besonders Sugar!
Was aber vom ersten Tag an offensichtlich war: Sie waren
niemals wirklich angegriffen worden. In der ersten Zeit hatte ich jedes Mal,
wenn ich sie angreifen musste, Angst, dass sie gleich vor lauter Schreck der
Schlag treffen würde. Während sie sich sonst schnell eingewöhnten und wir bald
eine passende Tagesroutine fanden, war jeder direkte Kontakt eine Tortur.
Dazu kam noch, dass Sugar – für Meerschweinchen sehr
untypisch – sofort zu beißen anfing, wenn man sie hielt. Also begann ich sie
langsam, aber konsequent gegen das Angreifen zu desensibilisieren. Das heißt,
ich nahm sie etwa jeden zweiten Tag auf den Arm, hielt sie aber jeweils nur
ganz kurz fest, sodass sie noch nicht in die Panik-Schiene kippen konnte. So
lernten beide im Laufe von ein paar Monaten, dass es zwar nicht ganz angenehm
war, wenn jemand sie angriff, aber es war auch kein Grund, um sein Leben zu
fürchten. Mit der Zeit war auch das Krallenschneiden kein (großes) Problem
mehr.
Und beide nahmen brav Futter aus der Hand und waren auch
sonst sehr manierliche Meerschweinchen – außer wenn es darum ging, was man
nicht alles annagen kann. ;-) Da haben sich beide allerdings einen ziemlich Ruf erarbeitet, denn die beiden haben gemeinsam mehr kaputt gemacht als alle anderen Meerschweinchen, die ich kennen lernen durfte...
Meine Meerschweinchen dürfen alle zweimal am Tag in der
Wohnung laufen. In den letzten Jahren musste ich mir um Freilauftraining nie
große Gedanken machen, denn die Neuzugänge lernten problemlos von den
alteingesessenen Tieren und beherrschten die Grundregeln in kürzester Zeit. Bei
Sugar und Honey war das anders – denn sie konnte sich aus Sicherheitsgründen
nichts von meiner anderen Gruppe abschauen.
Ich begann mit dem Freilauftraining daher nur in einem
kleinen Zimmerbereich, der gut überschaubar und absolut meerschweinchensicher
war – und in dem ich die beiden auch leicht jederzeit hätte einfangen können.
Ich sage „hätte“, denn Sugar und Honey fanden schon beim ersten Ausflug problemlos
in den Käfig zurück. Die beiden waren diesbezüglich wahre Meerschweinchen-Einsteins!
Und sie waren vollkommen begeistert, sich so richtig auslaufen zu können. Die ersten Tage verbrachten sie die gesamte Freilaufzeit im gestreckten Meerschweinchen-Galopp, schlugen Haken, machten Luftsprünge – und waren einfach glücklich.
Und sie waren vollkommen begeistert, sich so richtig auslaufen zu können. Die ersten Tage verbrachten sie die gesamte Freilaufzeit im gestreckten Meerschweinchen-Galopp, schlugen Haken, machten Luftsprünge – und waren einfach glücklich.
Mit der Zeit machten sie natürlich nicht mehr so viel
Bewegung, aber ein gemütliches Abhängen im Zimmer ist ja auch viel wert. Obwohl beide unheimlich gerne im Zimmer unterwegs waren, sind sie am Ende der Freilaufzeit an den meisten Tagen ohne Diskussion wieder
in den Käfig zurückgekehrt.
Schwierig war es vor allem dann, wenn sie sich vor
irgendetwas erschreckt hatten (was leider schon noch hin und wieder vorkam)
und wenn die Hormone auf einem Höhenflug waren.
Was das Futter anbelangt, waren Sugar und Honey eher
konservativ veranlagt. Was das Schwein nicht kennt, frisst es auch nicht!
Eine Ausnahme haben sie im Laufe der Monate doch schon für leckere Dinge wie grünen Hafer oder getrockneten Löwenzahn gemacht. Aber es war ein Riesenunterschied zu meiner anderen Gruppe, die die meisten Dinge, die ich ihnen anbiete, zumindest probieren, bevor sie sich eine Meinung darüber bilden.
Eine Ausnahme haben sie im Laufe der Monate doch schon für leckere Dinge wie grünen Hafer oder getrockneten Löwenzahn gemacht. Aber es war ein Riesenunterschied zu meiner anderen Gruppe, die die meisten Dinge, die ich ihnen anbiete, zumindest probieren, bevor sie sich eine Meinung darüber bilden.
Jetzt weiß ich jedenfalls wieder ganz genau, warum ich
niemals wieder eine zweite Gruppe haben wollte. ;-)
Trotzdem habe ich es nie bereut, Sugar und
Honey zu mir geholt zu haben, denn die beiden waren einfach entzückende
Meerschweinchen-Damen mit einer ordentlichen Portion Eigenwillen – aber das hat
ja noch keinem Meerschweinchen geschadet. ;-) Und das ist auf jeden Fall eine andere Geschichte...