Donnerstag, 31. August 2017

Nickys Operation

Manchmal entdeckt man an einem Meerschweinchen eine Umfangsvergrößerung, einen Dippel oder eine Schwellung. Da setzt dann meistens das Herz kurz einmal aus. Dann tastet man noch einmal, ob man es wieder findet und ob es nicht ohnehin ein normaler Bestandteil des Meerschweinchenkörpers ist, der durch die momentane Sitzposition nur gerade ungewöhnlich hervorgehoben wird.
Und wenn es dabei bleibt, dass dieses Ding etwas ist, das ein Meerschweinchen an der Stelle normalerweise nicht haben sollte, geht es als nächstes zum Tierarzt. Solange kann man sich noch an die Hoffnung klammern, dass es nur eine Talgdrüse ist oder etwas ähnlich Harmloses.

Bei Nicky war es leider nichts davon. Er hatte einen Dippel etwas hinter dem linken Ohr und unsere Tierärztin riet zu einer möglichst schnellen Operation. Es war Juli und Wien gerade wieder einmal fest in der Hand einer Hitzewelle. Da ich Nicky nicht an einem ausgesprochen heißen Tag operieren lassen wollte, vereinbarten wir einen Morgen, für den kühleres Wetter angesagt war.

Und wirklich regnete es an dem Morgen netterweise und der Himmel ließ nicht befürchten, dass die Sonne so schnell wieder durch die Wolkenschicht brechen würde.
Leider verlief die Operation aber nicht genauso reibungslos, wie die Wetterplanung von Statten gegangen war.

Der Tumor oder was immer es genau war, war direkt mit einem Blutgefäß verbunden. Schon der erste Schnitt führte zu einer massiven Blutung. Zum Glück gelang es der Tierärztin, die Blutung zu stoppen - keine leichte Aufgabe...

Nicky ist zum Glück ein kleiner Dickkopf und war durch den Blutverlust zwar schon sehr gedämpft, aber ein Kämpfer.
Da er aber eine große Naht hatte, die auf keinen Fall aufplatzen durfte, musste er fast 2 Wochen lang von Chelsea getrennt werden. Und das war für beide schlimm.

Chelsea ist eine richtige Frustfresserin und tröstete sich über die erzwungene Einzelhaft mit Futter hinweg.
Bei Nicky hatte die Trennung den entgegengesetzten Einfluss. Ihm schmeckte plötzlich gar nichts mehr. Alles, von dem ich geschworen hätte, dass er es normalweise gerne frisst, wurde verschmäht. Dazu kam noch, dass er durch den Blutverlust besonders in den ersten Tagen nach der Operation recht geschwächt war. Päppeln war aber auch nicht möglich, weil er sich dagegen mit aller Macht wehrte und ich Angst hatte, dass seine Naht aufgeht, wenn er sich gar so wehrt. Sie war auch gerade an der Stelle, an der ich normalerweise den Kopf eines Meerschweinchens halte, wenn ich ihm Medikamente einflöße - oder eben Päppelbrei.

Es war eine ziemlich nervenaufreibende Zeit. Das einzige, das Nicky wirklich mit Appetit fraß, war sein geliebter Paprika. Sonst konnte ich das Verschiedenste ausprobieren, manchmal fraß er einmal davon, beim nächsten Mal wurde es rigoros abgelehnt.
Da Nickys Verdauung aber in gar keinem so schlechten Zustand war (trotz des Antibiotikums), muss er heimlich doch mehr Futter zu sich genommen haben, als er jemals zugegeben hätte. Natürlich verlor er in der ersten Woche einiges an Gewicht, aber es blieb mir nicht viel anderes übrig, als ihm seinen Willen zu lassen.

Zum Glück verheilte die Wunde sehr gut, Nicky wurde in der 2. Woche auch von Tag zu Tag etwas munterer (und anstrengender). Als der Tag kam, an dem die Naht entfernt werden konnte, waren wir alle überglücklich, dass die Zeit der ¨Einzelhaft¨nun vorbei war.

Die Wiedersehensfreude war auf Nickys Seite sehr groß und er war dermaßen aufdringlich, dass Chelsea die Phase des Alleinseins plötzlich gar nicht mehr so schlecht vorzukommen schien. Aber die Wogen glätteten sich dann zum Glück doch wieder, nachdem sich Nicky etwas beruhigt und an seine Manieren erinnert hatte. Als ich mir sicher war, dass Chelsea Nickys verheilender Wunde nicht gefährlich wurde, ließ ich sie allein, um sich wieder aneinander zu gewöhnen und die wiedergewonnene Zweisamkeit zu genießen.

In Chelseas Gegenwart kehrte auch Nickys Appetit augenblicklich zurück und seine alten Lieblingsleckereien waren plötzlich wieder interessant. :-)

Der einzige Wermutstropfen ist, dass es sein kann, dass sich dieses Ding wieder bildet. Aber derzeit geht es Nicky gut und das ist im Moment die Hauptsache.