Donnerstag, 16. Juni 2016

Kimi und der Paprika

Wenn man als Meerschweinchenhalter noch recht grün hinter den Ohren ist, probiert man bei der Fütterung allerlei aus, das Meerschweinchen schmecken könnte. Nicht immer hat man Erfolg, aber man findet auf diese Weise heraus, womit man die kleinen Pelznasen verführen kann. Oder auch nicht...
Mein erstes Meerschweinchen Molly war kein Fan von Paprika. Wenn ich ihr ein Stück davon anbot, wurde immer der Verdacht laut, ich könnte vorhaben, sie zu vergiften.
Auch mein zweites Meerschweinchen Bernhard schloss sich dieser Meinung voll inhaltlich an. Daher landete Paprika auf meiner Liste mit "uninteressantem Gemüse" und sollte dort auch bleiben - bis Kimi kam.
Kimi war schon zwischen drei und vier Jahren alt, als ich sie aus dem Tierschutzhaus zu mir nach Hause holte. Naiverweise war ich davon ausgegangen, dass es mir gelingen würde, Kimi mit meinen anderen Meerschweinchen zu vergesellschaften. Da hatte ich nur leider die Rechnung ohne Kimi gemacht.

Kimi war scheinbar Zeit ihres Lebens allein gehalten worden. Sie entwickelte innerhalb kürzester Zeit eine unheimlich enge Beziehung zu mir, aber mit anderen Meerschweinchen konnte sie nichts anfangen. Sie ging bei jedem Vergesellschaftungsversuch so offensiv auf die anderen Tiere zu, dass diese - aufgrund dieses eklatanten Verstoßes gegen die Meerschweinchen-Etikette - immer ziemlich aggressiv reagierten und es in kürzester Zeit mehr als handfesten Streit gab. Einmal schafften wir es für mehrere Stunden, Kimi und Daisy gemeinsam zu halten, aber als beide so richtig müde wurden, eskalierte die Sache wieder. Und nach der Trennung hatte ich den Eindruck, dass beide froh waren, dass dieses Experiment ein Ende gefunden hatte.

Aber so mühsam Kimi in Bezug auf andere Meerschweinchen war, so umgänglich war sie Menschen gegenüber. Wir verbrachten viele Stunden gemeinsam am Boden meines Arbeitszimmers. Kimi hatte da ein kleines weißes Regal, auf dem allerlei Meerschweinchenzubehör untergebracht war und unter dem sie mit Vorliebe lag.
Mir fiel immer wieder auf, dass sie mich besonders aufdringlich beschnupperte, wenn ich vorher Paprika gegessen hatte. Aber was wollte sie eigentlich? Meerschweinchen fressen doch keinen Paprika.

Irgendwann - und Kimi war sicher der Meinung, dass Menschen zu einer besonders begriffsstutzigen Art zählen - ein Wunder, dass wir noch nicht augestorben sind - machte ich dann die Probe aufs Exempel. Ich bot Kimi ein Stück Paprika an und siehe da, sie war begeistert!

Seither steht Paprika als Fixbestandteil auf unserem Speiseplan. Und wenn immer ein Neuzugang meint, dass man Paprika doch wohl nicht fressen kann (und das kommt gar nicht so selten vor), überlasse ich es meinen Fellnasen, den Neuen eines Besseren zu belehren. Meistens dauert es nur ein paar Tage und in der Gruppe gibt es einen Paprikafan mehr!